Liebe Kolleg*innen des Jazz und der Improvisierten Musik,
egal ob ihr Jazzmusiker*innen oder Veranstalter*innen seid: ihr habt sicherlich von den aktuellen politischen Entwicklungen auf Bundesebene, in den einzelnen Bundesländern und in den Kommunen gehört. Es drohen auf allen Ebenen massive Kürzungen und damit der Wegfall wichtiger Förderungen für unsere Szene. Und das wird auch diejenigen von euch betreffen, die aktuell keine direkte Förderung bekommen, denn in dem Ökosystem Jazz- und Improvisationsszene droht der Wegfall von Spielstätten, von Proberäumen und anderen Strukturen.
Gemeinsam mit allen Jazz-Interessenvertretungen der Bundesländer haben wir einen Appell verfasst, in welchem wir die aktuellen Entwicklungen anmahnen.
Doch es braucht mehr als das: Wir müssen gemeinsam als Szene gegen diese Entwicklungen protestieren und diese auch an die Öffentlichkeit und das Publikum bringen. Denn nur wenn wir laut und sichtbar sind, können wir was erreichen.
Deswegen möchten wir gemeinsam mit dir – als Jazzmusiker*in, Lehrende, Veranstaltende oder weitere Akteur*in – eine Kampagne starten.
Wie kannst du dich an der Kampagne beteiligen?
Wir danken dir für dein Engagement!
Gemeinsam sind wir stark!
Bei Fragen oder Anmerkungen kannst du dich gerne per E-Mail an post@deutsche-jazzunion.de melden.
JAZZ IST VIELFALT
Investiert in Kultur!
Ein gemeinsamer Appell der Jazzverbände & Jazzakteur*innen
Die aktuell bereits beschlossenen und noch geplanten Kürzungen auf Bundesebene, in den Ländern und Kommunen haben, besonders in ihrer Gleichzeitigkeit, gravierende Auswirkungen für die Jazz- und Improvisationsszene in Deutschland.
Insbesondere die in Berlin, Dresden, München und Köln geplanten massiven Kürzungen lassen katastrophale Folgen erwarten. Der Wegfall von geförderten Proberäumen, Ausfall von Festivals und Reihen sowie weiteren wichtigen Stipendien- oder Projektförderungen sind aktuell zu erwarten. Auf Bundesebene droht besonders der Musikfonds, eine der beiden wichtigen Bundesfördereinrichtungen, um ca. 50 Prozent gekürzt zu werden. Die Auswirkungen im Bereich der Initiative Musik sind noch nicht abzuschätzen, doch auch hier drohen Kürzungen einzelner Förderprogramme die z. B. den Spielstättenprogrammpreis APPLAUS oder die Künstler*innenförderung betreffen könnten.
Jazz und Improvisierte Musik in Deutschland sind Kunstformen, die fast ausschließlich in der freien Szene stattfinden. Anders als bei anderen Kunstformen gibt es so gut wie keine festen Strukturen, beispielsweise institutionell geförderte Spielstätten oder feste Arbeitsverhältnisse. Fast das gesamte Musikleben in diesem wichtigen Bereich hängt von kurzfristigen, also meist jährlich vergebenen Projektmitteln ab oder wird in privatwirtschaftlich oder ehrenamtlich geführten Veranstaltungsorten veranstaltet. Schon in der Pandemie wurde sichtbar, wie fragil und prekär dieses System ist. Jetzt zeigt es sich wieder.
Dies hat zur Folge, dass die Freie Szene durch solche Kürzungen heftiger und sehr viel nachhaltiger getroffen wird als die staatlichen Institutionen.
Es drohen Verluste an Quantität, an Qualität und vor allem an Vielfalt, für die die Jazz- und Improvisationsszene in Deutschland in besonderem Maße steht. Das Dach dieses Begriffs, unter dem sich die verschiedensten Strömungen aktueller improvisierter Musik versammeln, könnte größer und spannender nicht sein. Diese Kunstform steht für niedrigschwellige Zugänge, ein Publikum so vielfältig wie die Musik und Perspektiven, die in staatlichen Institutionen so nicht stattfinden. Wir bringen Kultur abseits der großen Häuser auch in die ländlichen Regionen.
Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Akteur*innen sind, wie die Jazzstudie 2022 zeigt, prekär. Durchschnittlich verdienen Jazzmusiker*innen 21.000 Euro brutto pro Jahr, mehr als 60 Prozent haben weniger zur Verfügung. Mit den aktuellen Kürzungen wird sich die Situation verschärfen. Während die Jazzmusiker*innen mit geringen Honoraren auskommen müssen, werden die meisten Veranstaltungen von ehrenamtlich tätigen Menschen organisiert. Mit den Kürzungen wird eine an sich schon fragile Infrastruktur zerstört, die nur mit sehr viel Zeit und Mühe wieder aufzubauen wäre.
Während in den Städten Spielstätten mit hohen Mieten, steigenden Energiekosten und Lärmvorschriften zu kämpfen haben, kommen in den ländlichen Regionen oftmals noch fehlende Förderstrukturen hinzu – Herausforderungen, die durch immer stärker werdende antidemokratische Tendenzen verstärkt werden. Insbesondere im ländlichen Raum bieten die Förderinstitutionen des Bundes bislang wichtige Hebel, um exzellente Veranstaltungen und eine Vielfalt von Perspektiven auch in diesen Räumen zu ermöglichen.
Geschrumpfte Fördertöpfe werden für eine stärkere Konkurrenz und damit massive klassistische Effekte sorgen: Noch mehr wird gelten, dass man es sich leisten können muss, Jazz zu spielen, zu veranstalten und live zu erleben. Marginalisierten Gruppen wird die Teilhabe erschwert.
Diese besorgniserregenden Entwicklungen konterkarieren alle bisher mühsam errungenen Erfolge der letzten Jahre: die Einrichtung verbindlicher Honorarstandards bei geförderten Projekten, wichtige Förderprojekte wie Stipendien und Ensembleförderungen und Mittelaufwüchse. Der Weg hin zu einer resilienteren, nachhaltigen Aufstellung der Szene wird damit durch eine inkonsistente und kurzfristig angelegte Kulturpolitik zunichtegemacht.
Die aktuelle Lage zeigt in erschreckender Weise, dass es offenbar keinen politischen Konsens und kein Verständnis dafür gibt, wie groß die gesamtgesellschaftliche Bedeutung von Kultur ist und welche gesellschaftliche Wirkmacht insbesondere das Kulturangebot der Freien Szene hat.
Das Berufsbild der Jazzmusiker*innen ebenso wie der Berufsmusiker*innen allgemein steht auf dem Spiel. Es drohen Verlust von Expertise, Kompetenz und Vielfalt. Denn die hybriden und schon jetzt prekären Lebensmodelle werden unter diesen Bedingungen nicht mehr funktionieren.
Wir fordern die politisch Verantwortlichen auf Bundes- und den Länderebenen auf, sich die katastrophalen Auswirkungen der geplanten Einschnitte bewusst zu machen und die angekündigten Kürzungen zurückzunehmen!
Handzettel zum Vorlesen & Ausdrucken (Langversion)
Wir haben für euch einen Handzettel in einer Lang- und Kurversion vorbereitet (beides auch auf englisch!)
Hier die Langversion, direkt darunter könnt ihr alle Versionen als PDF herunterladen!
JAZZ IST VIELFALT
Investiert in Kultur!
Liebes Publikum!
Hier auf der Bühne und in diesem Raum findet heute Musik statt, weil Jazz und Improvisierte Musik wie viele andere Künste auch öffentlich gefördert werden. Auch wenn dieser Veranstaltungsort vielleicht nicht direkt gefördert wird: Verschiedene Förderprogramme auf Landes und Bundesebene unterstützen auf vielfältige Weise:
All diese vielfältige Unterstützung war schon in der Vergangenheit nicht immer ausreichend, aber im Zusammenspiel hat Vieles funktioniert und unter anderem möglich gemacht, dass sie hier heute Abend Musik hören. Wir Musiker*innen sind abhängig davon, dass öffentliches Geld nicht nur in die Opernhäuser, Theater und Museen fließt, sondern auch in die sogenannte Freie Szene. Unsere Musik findet fast ausschließlich außerhalb der staatlichen Institutionen statt. Aber gerade die Strukturen der Freien Szene sind fragil - und massiv in Gefahr. Auf Bundesebene stehen Kürzungen von 50% im Raum, in vielen Bundesländern und Kommunen wird ebenfalls radikal gekürzt. Das bedeutet nicht nur, dass deutlich weniger Konzerte stattfinden werden (befürchtet wird aktuell eine Halbierung), sondern dass auch weniger Neues entstehen kann und dass mittelfristig viele Musiker*innen ihre Lebensgrundlage verlieren.
Bitte informieren Sie sich. Sprechen Sie mit den Veranstalter*innen ihrer Lieblingskonzerte, sprechen sie mit Abgeordneten in Ihren Wahlkreisen, den Bundestagskandidat*innen Ihrer Region oder werden Sie Fördermitglied in einem Interessenverband. Wir brauchen jetzt auch die Unterstützung unseres Publikums, um gegen diese Kürzungen zu protestieren und darauf aufmerksam zu machen, was an Vielfalt verloren zu gehen droht.
Das Kaputtsparen von Strukturen für Kultur und Bildung ist ein antidemokratisches Projekt. Der Konsens, dass Kunst und Kultur wichtiger Teil des gesellschaftlichen Zusammenseins sind, droht verloren zu gehen. Bitte unterstützen Sie alle, die dagegen kämpfen und wählen sie demokratische Parteien!
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Presse
Kontakt Kampagnenkoordination
Camille Buscot (Geschäftsführerin Deutsche Jazzunion)
camille.buscot@deutsche-jazzunion.de
Die beteiligten Verbände
Die Kampagne JAZZ IST VIELFALT. Investiert in Kultur! wurde von den Interessenverbänden der Jazz- und Improvisationsszene in Deutschland ins Leben gerufen
Kontakt
Deutsche Jazzunion e. V.
Markgrafendamm 24 - Haus 16
10245 Berlin
Deutschland
post@deutsche-jazzunion.de
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