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Informationen zum "Herrenberg-Urteil"
Gemeinsam mit den Jazzverbänden der Bundesländer haben wir für unsere Mitglieder ein Infoblatt zur aktuellen Situation rund um das “Herrenberg”-Urteil erarbeitet, in welchem wir kurz die wichtigsten Fragen beantworten. Wir wissen, dass die aktuelle Situation für Musikschullehrkräfte verunsichernd ist und möchten unseren Mitgliedern so eine Orientierung bieten. Dort findest Du auch eine Linksammlung zu den Hintergründen.
Außerdem bieten wir in Kooperation mit dem Jazzverband Sachsen im September an drei Terminen ein Q&A zum Thema „Herrenberg-Urteil“ | Aktuelle Informationen zum Thema: „Sozialversicherungspflicht in der musikalischen Bildung an.
Alle Informationen dazu und wie Du Dich anmelden kannst, findest Du hier.
Hier geht es zum Download des Infoblatts als PDF
(Stand: Juli 2024)
Gemeinsam erarbeitet von der Deutschen Jazzunion und den Jazz-IGs und LAGs der Länder - Für die Musiker*innen der Jazz-Interessenverbände
Dieses Papier basiert auf dem von Sebastian Haas für unisono durchgeführten Workshop („Herrenberg“-Urteil des Bundessozialgerichts: unisono klärt auf“ vom 12.4.2024, Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=F94g4Rdhgqo&t=410s )
Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Papier dient dem internen Gebrauch und ist nicht zur Veröffentlichung vorgesehen. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da die Informationslage zu diesem Thema sehr stark in Bewegung ist. Dieses Papier kann und will eine individuelle juristische Beratung nicht ersetzen.
Es handelt sich hier um eine nicht-öffentliche Information, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat. Insbesondere bei diesem Thema ist die Informationslage sehr in Bewegung.
Jeder Fall muss separat betrachtet werden; eine juristische Beratung kann sinnvoll sein.
Was ist das “Herrenberg”-Urteil?
Das sogenannte „Herrenberg“-Urteil des Bundessozialgerichts stellte im Fall einer Klavierpädagogin aus Herrenberg im Jahr 2022 fest, dass aufgrund der Eingliederung in die Institution und die fehlende unternehmerische Freiheit der Lehrkraft ein sozialversicherungspflichtiges Anstellungsverhältnis rückwirkend für fast 12 Jahre vorlag - also, dass eine Scheinselbstständigkeit vorlag. Die Folgen einer Betriebsprüfung oder einer positiven Statusfeststellung im Honorarbereich der Musikpädagogik können Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen durch den Auftraggeber nach sich ziehen. Erwähnenswert ist, dass es in diesem Urteil eine Abkehr vom Vertragswillen (also von dem, was im Vertrag festgehalten wird) hin zur Bewertung der tatsächlich gelebten Tätigkeit gab.
Heißt das, alle Musikschullehrer*innen müssen nun fest angestellt werden?
Die Entscheidung wurde vom Bundessozialgericht gefällt, nicht von einem Arbeitsgericht. Somit wurde auch kein Arbeitsverhältnis, sondern nur im Bereich des Sozialversicherungsrechts festgestellt, dass es sich um eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit handelt. In der Folge bedeutet das, dass rückwirkend sowohl die Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmer*innenanteile der Sozialversicherungsbeiträge zu Lasten der Auftraggebenden, in diesem Fall der Stadt Herrenberg gehen. Für die Lehrkraft ergibt sich daraus, dass sie die KSK-Beiträge erstattet bekommen hat, da sie ja in diesem Zeitraum über die Musikschule versichert war. Ein Arbeitsverhältnis wurde hier nicht festgestellt.
Was hat sich durch das Urteil verändert?
Die Grundlage für die Unterscheidung zwischen selbstständiger und nicht-selbstständiger Tätigkeit regelt das Sozialgesetzbuch (SGB). Hier heißt es: “Beschäftigung ist die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers” (SGB IV §7 Abs. 1).
Durch das Urteil des Bundessozialgerichts hat sich die Gesetzesgrundlage nicht verändert, aber die Gewichtung der Eingliederung wurde über die der Weisung gestellt. Die in der Urteilsbegründung genannten Aspekte sowie weitere Urteile des Bundessozialgerichts bei anderen freien Berufsgruppen führten zu einer Neubewertung der Deutschen Rentenversicherung in der Betrachtung von selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit.
Diese Neugewichtung kann dazu führen, dass eine vorher freischaffende Lehrkraft in Zukunft nicht mehr selbstständig tätig sein kann:
“Vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des BSG kommen die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung überein, ihre Beurteilungsmaßstäbe für den in Rede stehenden Personenkreis zu präzisieren. Danach sind Lehrer/ Dozenten/Lehrbeauftragte an Universitäten, Hoch- und Fachhochschulen, Fachschulen, Volkshochschulen, Musikschulen sowie an sonstigen – auch privaten – Bildungseinrichtungen in den Schulbetrieb eingegliedert und stehen in einem Beschäftigungsverhältnis zu diesen Schulungseinrichtungen, wenn die Arbeitsleistung insbesondere unter folgenden Umständen erbracht wird:
Was hat das zur Folge?
Für die Auftraggeber*innen kann es bedeuten, dass rückwirkend bis zu 30 Jahre Sozialversicherungsbeiträge für die Tätigkeit der Lehrkraft abzuführen sind. Weiterhin können strafrechtliche Konsequenzen aufgrund Vorenthalten von Lohnsteuer und Sozialabgaben auf die Auftraggebenden, also beispielsweise die Stadtverwaltungen oder private Betreiber*innen von Musikschulen, zukommen. Für die Auftragnehmenden hat ein Honorarvertrag in der Regel auch weiterhin keine negativen Folgen. Eine Unterrichtstätigkeit kann weiterhin als Honorar bezahlt werden, wenn sie einen kleineren Teil der freiberuflichen Tätigkeit ausmacht (z.B. 20-30%). Wenn sie einen überwiegenden Teil des Einkommens, z.B. mehr als 50%, ausmacht, kann es ratsam sein, eine sozialversicherungspflichtige Anstellung zu prüfen.
Was passiert jetzt?
Während einige Musikschulen sich für feste Arbeitsverhältnisse all ihrer Lehrkräfte entschieden haben, sitzen viele andere die Situation aus bzw. warten ab. Mit der Deutschen Rentenversicherung wurde ein Moratorium bis zum 15.10.2024 vereinbart, das bis zu diesem Zeitpunkt Bescheide zu Betriebsprüfungen aussetzt. Statusfeststellungsverfahren sind weiterhin möglich.
Eine Festanstellung der Lehrkräfte ist mit wesentlich höheren Kosten für die Betreiber*innen der Musikschulen verbunden als der Einsatz von Honorarkräften. Diese Mehrausgaben sind für die meisten Musikschulen oder Musikhochschulen, unabhängig davon ob öffentlich getragen oder privat, aktuell nicht leistbar. Bevor ich als Musiklehrkraft festes Arbeitsverhältnis eingehe, sollte ich mich im öffentlich Dienst beraten lassen, welche Tätigkeiten als Berufserfahrung anerkannt werden können (Einstufung TVöD), ob eine Probezeit nötig ist und dass eine Befristung des Vertrags nicht vorliegt.
Was ist das Statusfeststellungsverfahren?
Ein Statusfeststellungsverfahren prüft nach den oben genannten Merkmalen selbstständige und nichtselbstständige Tätigkeit.
Es wird festgelegt, ob ich als Musiklehrkraft in meiner Tätigkeit für eine*n spezielle*n Auftraggeber*in sozialversicherungspflichtig bin. Beide Parteien haben die Möglichkeit, Widerspruch gegen diesen Bescheid einzulegen und auch gerichtlich dagegen vorzugehen.
Die Rentenkasse stellt kein Arbeitsverhältnis fest, sondern prüft nur, ob Sozialversicherungsabgaben abgeführt werden müssen. Dies kann einerseits dazu führen, dass das eigene Honorar geringer wird (außertarifliche Einrichtungen) oder aber, dass die Tätigkeit für die Auftraggebenden zu teuer wird.
Ein weiterer Schritt wäre die Feststellungsklage beim Arbeitsgericht (spätestens 3 Wochen nach Ende des Honorarvertrags), um auf ein Anstellungsverhältnis zu klagen. Auch hier sollte man sich juristische Beratung und Beistand holen.
Welche Folgen hat eine eventuelle Anstellung für meine KSK-Mitgliedschaft?
Die KSK berät in jedem Fall gerne und es ist zu empfehlen, bei Fragen direkt den Kontakt zu suchen.
Eine Übersicht zu bestimmten Fallkonstellationen gibt es auf der Homepage der KSK unter:
Wird diese Situation bald auch die Musikhochschulen betreffen?
Die Musikhochschulen vergeben in der Regel einen Lehrauftrag anders als die Musikschulen, per Verwaltungsakt: dies bedeutet, dass kein privatrechtlicher (Honorar-)Vertrag geschlossen wird, sondern ein Auftrag “erteilt” wird. Näheres dazu regeln die einzelnen Landeshochschulgesetze. Nach der Besprechung der Spitzenverbände gelten die neuen Kriterien auch für Dozierende und Lehrbeauftragte. Aufgrund des im Verwaltungsrechts angesiedelten Lehrauftrag ist ein Gang zum Arbeitsgericht mit einer Feststellung auf ein bestehendes Arbeitsverhältnis nicht möglich. Eine Sozialversicherungspflichtigkeit kann aber bei der Clearingstelle geprüft werden. In NRW werden SV-Abgaben bei (künstlerischen) Lehraufträgen abgeführt - ein Arbeitsverhältnis liegt aber nicht vor. Weiterhin ist es möglich, den Verwaltungsakt nichtig erklären zu lassen. Die Hürden hierzu sind aber als sehr hoch anzusehen.
Der DTKV Berlin hat ebenfalls ein sehr hilfreiches Infoblatt zusammengestellt, das Du hier findest.
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