Deutsche Jazzunion, Dezember 2022
Deutschland verfügt über eine der künstlerisch kreativsten, vitalsten und produktivsten Szenen im Bereich des Jazz und der aktuellen improvisierten Musik in Europa. Zugleich lebt nach wie vor ein Großteil der Jazzmusiker*innen in Deutschland in wirtschaftlich prekären Verhältnissen. Das Durchschnittseinkommen der Jazzmusiker*innen liegt etwa bei der Hälfte des allgemeinen Durchschnittseinkommens in Deutschland (vgl. Jazzstudie 2022).
Seit der von der Deutschen Jazzunion im Jahr 2014 formulierten Mindestgagenempfehlung sowie der Einführung des Spielstättenprogrammpreises APPLAUS wurden auf Bundesebene mit dem Musikfonds und dem Deutschen Jazzpreis wichtige neue Impulse für die gesellschaftliche Sichtbarkeit von Jazz und Improvisierter Musik geschaffen und zusätzliche Mittel in die Jazzförderung gegeben. Auch auf den für Kulturfinanzierung primär zuständigen Landes- und Kommunalebenen wurden Verbesserungen bei der Jazzförderung erreicht.
In der Folge ist seit der Jazzstudie 2016 eine geringfügige Erhöhung der durchschnittlichen Konzertgagen und des Jahreseinkommens zu verzeichnen – von gegenläufigen Entwicklungen während der Corona-Pandemie abgesehen (vgl. Jazzstudie 2022). Im Verhältnis zur Allgemeinbevölkerung hat sich die Situation allerdings weiter verschärft, und nach wie vor ist des den meisten Jazzmusiker*innen kaum möglich, der wirtschaftlichen Prekarität aus eigenen Kräften zu entkommen. Insbesondere in der Corona-Pandemie ist deutlich geworden, dass vielen Jazzmusiker*innen die Mittel zur eigenständigen sozialen Absicherung und Altersvorsorge fehlen. Dies ist für die Betroffenen existenzbedrohlich und für den Sozialstaat nicht auf Dauer tragbar.
Es muss daher gemeinsames Ziel von Politik und Interessenverbänden sein, die Situation grundlegend zu verbessern und Jazzmusiker*innen ein ausreichendes Einkommen sowie eine mit anderen Berufen vergleichbare soziale Absicherung und Altersvorsorge zu ermöglichen.
Um das Potential der Jazzszene in Deutschland voll zu entfalten und nachhaltig zu ermöglichen, bedarf es einer aktiven Partnerschaft zwischen allen Szeneakteur*innen und der Politik. Die von der Deutschen Jazzunion 2014 verfasste und 2022 aktualisierte Mindestgagenempfehlung kann nur ein Teil der Lösung sein.
Ausreichende Einkommen, die auch eine finanzielle Absicherung für Erwerbslosigkeit und Alter ermöglichen, können von den Akteur*innen der Jazzszene nicht aus eigener Kraft, sondern nur mit breiter politischer Unterstützung auf Ebene der Kommunen, der Länder und des Bundes erreicht werden. Insbesondere die Politik ist gefragt, Wege zur schrittweisen Zielerreichung zu gestalten.
Zentrale Bedeutung kommt u.a. folgenden Diskussionspunkten zu:
Eine wichtige Grundlage für das Erreichen einer fairen Vergütung von Jazzmusiker*innen ist die verlässliche Verankerung von Mindestgagen bzw. Honoraruntergrenzen in den Richtlinien staatlicher Förderinstrumente. Die hier aufgeführten Mindeststandards müssen daher bei jeglicher Förderung von Projekten oder Konzerten aus öffentlichen Mitteln gelten.
Hinweise:
Als Deutsche Jazzunion setzen wir uns gemeinsam mit allen Szene-Akteur*innen für eine spannende, vielfältige und vitale Jazz-Live-Kultur ein und streben die genannten Mindeststandards für eine faire Vergütung von Jazzmusiker*innen als Grundvoraussetzung für eine zukunfts- und widerstandsfähige Jazzlandschaft in Deutschland an.
Berlin, im Dezember 2022
Die Willenserklärung zur Mindestgagenempfehlung 2014 inklusive der Liste der Unterzeichner*innen ist weiterhin unter → Willenserklärung Mindestgage zu finden.
Kontakt
Deutsche Jazzunion e. V.
Markgrafendamm 24 - Haus 16
10245 Berlin
Deutschland
post@deutsche-jazzunion.de
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