In diesem Jahr feiern wir bekanntlich das 50. Jubiläum der Deutschen Jazzunion, und aus diesem Anlass präsentieren wir an dieser Stelle Personen, die die Entwicklung des Verbands als "Sprachrohr der Jazzmusiker*innen in Deutschland" geprägt haben.
Heute stellen wir Dir Claus Schreiner vor. Claus ist Musikmanager im Ruhestand und war Gründungsgeschäftsführer der damaligen Union Deutscher Jazzmusiker.
Wenn Du Dich in drei Sekunden vorstellen müsstest: Wer ist Claus Schreiner?
Pensionär und Autor, früher: Musiker, Manager, Produzent, Verleger, Rundfunk-Host, Labelchef, Musik-Publizist u.v.a
Was sind Deine persönlichen Meilensteine in der Geschichte der Deutschen Jazzunion?
Seit 1967 war ich Manager/Booker diverser deutscher Jazzgruppen (Mangelsdorff, Schoof, die Kühns, Doldinger u.v.a.) und kannte das Dilemma vieler Musiker in Hinsicht auf ihre Jobsituation, soziale Absicherung, Krankheit und Rente u.s.w. Daher hatte ich die zwingende Idee, alle Musiker in Deutschland nach Marburg einzuladen, um über diese Themen zu sprechen und Lösungswege zu erkunden. Eine Vorbereitungsgruppe traf sich im Januar 1973 in Marburg und bereitete das große Treffen im Rahmen des ersten Jazzforums für den Juni 1973 in Marburg vor. Das habe ich organisiert und als erster Geschäftsführer der UDJ fünf Jahre lang fortgeführt, bis es mit neuen Geschäftsführern in wechselnden Städten im Rahmen der Jahrestreffen stattfand.
Haben sich die Arbeit und das Wirken der Deutschen Jazzunion über die Jahrzehnte verändert? Wenn ja, wie?
Das kann ich als Außenstehender nur vage beurteilen, zumal es ja irgendwann eine Art Tiefschlafphase der UDJ gegeben haben muss, in der wenig passiert war. Wir hatten ja auch in den ersten Jahren durch Gespräche mit Gema, Gewerkschaften, Behörden u.a. schon viel angestoßen. Wir, d.h. die Musiker im Vorstand haben uns oft in Bahnhofsgaststätten oder bei mir im Büro getroffen, hatten kaum Geld, die Fahrtkosten zu tragen, und jeder hatte seine Aufgaben – aber auch verschiedene Positionen wurden deutlich. Wir waren erst am Anfang, nachdem den Jazz eigentlich bis dato nur die Deutsche Jazz Föderation mit Wolfram Röhrig, Horst Lippmann oder Joe Berendt in ihrem Kampf um die Anerkennung dieser Musik in einer Nachkriegsgesellschaft repräsentiert hatten. Sie schickten die Musiker noch im Smoking auf die Bühne, und mit der UDJ kamen sie in T-Shirts – die waren schon kompatibler mit ihrem Einkommen und ihrer sozialen Situation. Es war der Wechsel von den Jazzfunktionären zur Selbsthilfe der Musiker, wobei auch Rundfunkleute und Jazzkritiker anfangs in der UDJ waren, was mir bei aller Freundschaft zu vielen von ihnen ein bisschen widersprüchlich erschien. Jetzt haben die Musiker mit der Jazzunion eine breitere Basis, Organisation, angestellte Mitarbeiter, einen richtigen Apparat, und ein Vielfaches der damaligen nur spärlich fließenden Mitgliedsbeiträge und zusätzlich staatliche Förderungen, Mitgliedschaften in wichtigen Gremien. Die Musiker werden mehr als früher gehört. Ob das zur Verbesserung ihrer beruflichen und sozialen Situation bisher beigetragen hat, muss analysiert werden.
Welche Aufgaben und Herausforderungen warten auf die Deutsche Jazzunion heute und in Zukunft?
Ich sehe ein gewisses Risiko, dass die Jazzunion ihre Bodenhaftung verlieren könnte. Schon jetzt werden für meinen Geschmack zu viele Honorar-Professorentitel vor die musikalische Kreativität gesetzt, als ob diese ein Kriterium für Qualität oder Anerkennung wären. Sicher ist es gut, wenn dem Pioniergeist der 70er inzwischen professionelle Strukturen folgten. Das kann zielführender sein, als manche Diskussionen der Gründerzeit, die nicht nur von Unkenntnis oder Mangel an Erfahrung im Umgang mit dem Staat und vielen Einrichtungen, und auch dem Mangel an Zeit der hauptberuflichen Musikern im Vorstand und manchen Konkurrenzen zwischen ihnen geprägt war. Die Jazzunion darf keine Gewerkschaft oder Partei wie andere werden, sie muss so professionell wie möglich sein, sollte aber ihren Spirit, ihre Wurzeln nie vergessen. Ich denke, sie muss sich von anderen gleichartigen Einrichtungen insofern unterscheiden, als ihr selbst auch die individuelle Bewegung und die Kreativität, das Improvisatorische und, um es mit Albert zu sagen, das 'Swingende' nicht verloren gehen darf.
Kontakt
Deutsche Jazzunion e. V.
Markgrafendamm 24 - Haus 16
10245 Berlin
Deutschland
post@deutsche-jazzunion.de
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